ZUSAMMENFASSUNG:

Die Beachtung einer auf das jeweilige Felsmaterial und den Gebirgsdruck abgestimmten RingschluBzeit gehorte von Anbeginn an zu den wesentlichen Grundsatzen der Neuen Üsterreichischen Tunnelbauweise. Weniger deutlich wurde bisher die Wichtigkeit der ringschluβfreien Tunnellange dargestellt. Baugewohnheiten der letzten Zeit haben dazu gefuehrt, daβ beide Faktoren gegenwartig in ihrer Bedeutung gelegentlich unterschatzt werden, was zu technischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten gefuehrt hat.

SUMMARY:

The consideration of the time of closing the ring, adjusted to the respective rock properties and the ground pressure has from the very beginning been an essential part of the principles of the New Austrian Tunnelling Method (NATM). On the other hand, the importance of that section of tunnel which is not yet supported all around, has up to present been represented less distinctly. Construction practices in recent times have resulted in the fact that presently the importance of both factors is now and then underestimated, what had led to technical and economical difficulties.

RESUME:

La consideration du temps de fermeture de l'anneau, accorde au materiel et à la pression de roche respective, appartenait dès l'origine aux principes les plus essentiels de la nouvelle methode autrichienne de la construction de tunnels. Jusqu'à present l'importance de la longueur de cette section du tunnel, qui n'est pas soutenue à la ronde, etait representee moins distinctement. Les usages de construction pendant les dernières annees ont mene au fait, que l 'importance de ces deux facteurs est à present parfois sous-estimee, ce qu'a mene à des difficultes techniques et economiques.

ZUREINFÜHRUNG

Als das Konzept der sogenannten Neuen Üsterreichischen Tunnelbaumethode der Üffentlichkeit vorgefuehrt wurde, herrschte hinsichtlich der Grundsatze dieses Konzeptes allgemeiner Konsens. Erst in letzter Zeit sind divergierende Meinungen aufgekommen, welche teilweise in einem Miβverstehen dieser Grundsatze, teilweise in ungenuegender Beruecksichtigung felsmechanischer Erkenntnisse wurzeln. Ursache ist wohl auch, daβ lange Zeit eine geschlossene Darstellung des Konzeptes fehlte. Auch haben viele der heutigen Tunnelbauer die leidvollen Erfahrungen mit den unbefriedigenden Methoden der frueheren Tunnelbauweisen nicht mehr selbst erlebt, aus denen das neue Konzept hervorgegangen ist. Wohl besteht nach wie vor Einigkeit darueber, daβ das Gebirge ein tragender Teil der Konstruktion sein soll; nicht aber darueber, was getan werden kann und muβ, damit es imstande bleibt, diese Funktion zu erfuellen. Einigkeit besteht auch darueber, daβ der "Faktor Zeit" eine wichtige Rolle spielt; nicht aber ueber seine Dosierung, auch nicht ueber die Zweckmaβigkeit der Mittel, welche seiner Beherrschung dienen. Hauptpunkte des Miβverstehens sind Sohlschluβzeiten und Deformationsgröβen. Auf diese sollen sich die folgenden Überlegungen in erster Linie beziehen. Manche Tunnelbauer meinen, die Verfechter geringer Tunnelrandverschiebungen betrachteten diese als Selbstzweck; andere wieder glauben, sie waren nur bei seicht liegenden Tunneln angebracht und dienten dort nur der Vermeidung gröβerer Oberflachensenkungen; wieder andere denken, das Bestreben, die Gebirgsdeformationen klein zu halten, entstamme nur mangelnder Erfahrung mit tiefliegenden Tunneln und ware bei solchen unangebracht und daher sinnlos (was schon deshalb nicht richtig sein kann, da das Konzept der NÜT, wie es von RABCEWICZ, MÜLLER und PACHER aufgestellt worden ist, fast nur aus Erfahrungen an tiefliegenden Tunneln gewonnen und urspruenglich eigentlich nur fuer solche aufgestellt worden war). Gerade seicht liegende Tunnel haben seit jeher hinsichtlich der Beherrschung des Gebirgsdruckes als besonders schwierig gegolten, wahrend andererseits tiefliegende Tunnel meist guenstigere Primarspannungsbedingungen, den HEIMschen Spannungszustand (λ = 1) vorfinden. Aber nicht die Tiefe als solche kann entscheidend sein, sondern allein das Verhaltnis 2γh/ β D, Geb. von teufenabhangigem Gebirgsdruck zur Gebirgsfestigkeit, und da zeigt eine Gegen- ueberstellung einiger Tunnel aus juengerer Zeit (Tafel I), daβ die Unterschiede bei weitem nicht so betrachtlich sind wie die Teufenunterschiede, weil in gröβerer Tiefe haufig festeres Gebirge ansteht als zum Beispiel in tertiaren Schichten oder quartaren Lockergesteinen. Schlieβlich ist das urspruengliche Konzept unverandert auch in Teufen von 600 bis 1040 m, und sogar unter auβerst hohen dynamischen Zusatzdruecken, mit Erfolg angewendet worden. In einigen tiefliegenden Tunneln, mit welchen argumentiert wird, hat man es gar nicht versucht, das Konzept in seiner urspruenglichen Form konsequent durchzuziehen, oder man hat es - aus welchen Gruenden immer, sei es der Maschinen- und Betriebsdisposition, wegen besonderer Gebirgsdruckverhaltnisse oder aus Bauzeiterwarungen - nicht vermocht oder nicht gewollt.

1. STATISCHE FIKTION UND DYNAMISCHE WIRKLICHKEIT

Sicherheitsbetrachtungen hat man frueher das (unzutreffende) Denkmodell eines gewölbten, "von oben" belasteten Durchlasses auf starken Widerlagern unterlegt; dagegen geht man heute von der Modellvorstellung des Tunnelsals Röhre aus. Dabei wird entweder die (gemauerte oder betonierte) Tunnelröhre selbst als ein duennwandiges, oder aber das Gesamtsystem Ausbau plus Gebirge als dickwandiges, innen verguetetes Rohr (von unendlicher Wandstarke) betrachtet. Statisch versucht man die Sicherheit der Konstruktion durch Gegenueberstellung vorhandener Materialfestigkeiten mit Beanspruchungen aus Belastungen zu ermitteln, die man meist wenig oder gar nicht kennt. Man rechnet, als ob sie bekannt waren: fiktiv unrealistisch. De facto aber handelt es sich im Tunnelbau gar nicht um ein statisches Problem, sondern, da die Zeit eine wesentliche Rolle spielt, um ein dynamisches bzw. rheologisches.

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